Was bedeutet der Begriff “abstrakte Kunst”? Im Gegensatz zu der sogenannten figurativen Kunst versucht die abstrakte Kunst nicht, die Natur nachzuahmen. An sich war dies über Jahrhunderte und Jahrtausende ein Hauptaspekt des künstlerischen Schaffens der Menschen: Sie nahmen auf, was sie sahen und bildeten es ab. Im Laufe der Zeit hatte die Kunst aus diesem Grund auch die Aufgabe, Gesehenes für die Zeit festzuhalten. Wohlhabende Menschen ließen lange Zeit beispielsweise Porträts von sich fertigen – spätestens während der Renaissance erreichten Künstlerinnen und Künstler darin auch ungeahntes Geschick. Ihre Bilder strahlten eine staunenswerte Kunstfertigkeit aus und zeigten die Welt, wie Menschen sie kannten. Die abstrakte Kunst brach damit auf ganzer Linie.
Die Welt, wie wir sie nicht kennen – dargestellt in abstrakten Werken
Abstrakte Kunst wird auch gegenstandslose Kunst genannt. Eben, weil sie sich nicht danach richtet, einen Gegenstand eins zu eins abzubilden. Manchmal zeigt sie Dinge, die man zu kennen meint. Dabei verzichtet der Künstler bzw. die Künstlerin jedoch in jeder Hinsicht auf eine naturnahe Darstellung.
Zum Beispiel hat Picasso als Begründer des Kubismus der Entstehung späterer abstrakter Malerei den Weg bereitet. Als begnadeter Maler, der die Natur in seinen frühen Werken meisterhaft wiedergab, versuchte er das Malen sozusagen zu “verlernen”. Kunst von Naturvölkern und die Malweise der Kinder trieben ihn dazu, immer weiter zu abstrahieren, was er sah. So wurden seine Bilder regelrecht phantastisch!
Formen, Farben und Linien – das sind Mittel der abstrakten Malerei
Wenn bei Picasso schon Figuren, Farben und Formen als Gestaltungselemente stark in den Vordergrund rückten, den dargestellten Gegenstand des Bildes fast übergeordnet schienen, so war seine Kunst noch nicht vollends abstrakt. Dazu brauchte es in der Kunstgeschichte noch etwas Zeit und weitere kühne Künstlerinnen und Künstler, die letztlich Werke schufen, die sich komplett von der Naturnachahmung entfernten. In diesen Werken finden sich alle Arten von Formen, Farben und Linien, oftmals verbunden in anspruchsvollen Kompositionen. Statt eines Vogels oder eines Baumes entdeckt der Betrachter in diesen Werken also eher einen Kreis, ein Dreieck oder ein ganz und gar neuartiges Gebilde.
Die Fotografie war nicht das Ende der Kunst – sondern der Anfang einer neuen
Übrigens war es auch das Aufkommen der Fotografie, die das Entstehen und Aufblühen abstrakter Kunst befördert hat. Als sie zu Beginn des letzten Jahrhunderts entstand, steckte die Malerei in einer Krise. Künstler wähnten sogar ihr Ende. Es schien ihnen, als könne es nicht länger eine Notwendigkeit in der Malerei geben, Bilder zu schaffen, welche die Realität zeigten. Dies gelang ja nun wesentlich einfacher und kostengünstiger mithilfe von Fotografie. Auch aus diesem Grund wandten sich die damaligen Künstler der Abstraktion zu. Die Wiederentdeckung figurativer und realistischer Malerei hat in unserer heutigen Zeit zwar lange eingesetzt – abstrakte Kunst gilt jedoch nach wie vor als etabliert.
Die abstrakte Kunst fesselt den Betrachter – wohl zurecht!
Die abstrakte Malerei stets eine hohe Anforderung an den Betrachter oder die Betrachterin. Sie hat in ihren Ursprüngen meist eine gedankliche und theoretische Ebene, die der Künstler versucht hat, in seinem Bild zu übersetzen. So spielt ein abstraktes Bild also mit Gedanken, Gefühlen und Eindrücken. Auf manche der eigensinnigen Bildwelten eines abstrakten Werkes muss man sich erst einlassen können! Wenn man sich dazu bereit fühlt, dann kann das Ansehen und die Beschäftigung mit diesen Werken jedoch viel Freude bereiten. Oft verbreiten diese nicht konkreten Bilder starke Stimmungen, fesseln mit ihren Emotionen und veräußern eine ausgeklügelte Ästhetik.