In der Kulturforschung besteht recht einhellig die Überzeugung, dass der Mensch zur Steigerung des Selbstwertgefühls verschiedene Arten des Schmucks trägt. Es ist die Vorstellung, sich selbst reicher oder auch stattlicher zu fühlen. Deshalb muss der Begriff Schmuck viel weiter gefasst werden als in der allgemeinen Begrifflichkeit des Wortes. In diesem Sinne sind nicht nur Halsketten, Ringe, ein persönliches Piercing oder ein Tattoo Schmuck. Auch Uniformen, Orden oder eine bestimmte Kleidung, die sich einer anerkannten Ordnung anpasst, etwa Anzug und Krawatte im Büro, ist demnach Schmuck.
Damit ist der Mensch übrigens nicht alleine. Auch bestimmte Tierarten schmücken sich. Beobachtet wurde dies schon bei Delfinen, Vögeln und Menschenaffen. Sehr aussagekräftig sind hierbei die Beobachtungen einer Forschergruppe, die am Amazonas das Verhalten mehrerer Delfinschulen studierte. Die Forscher bemerkten, dass in manchen der Delfingruppen die Männchen Stöcke im Maul trugen, in anderen Gruppen jedoch nicht. Doch das war nicht die einzige Besonderheit. Sie stellten zudem fest, dass es in den Gruppen mit den stöckchentragenden Delfinen zu mehr Streitigkeiten untereinander, aber auch zu mehr Geschlechtsverkehr kam.
Schmuck zu tragen ist keine Idee der Neuzeit
Archäologen konnten den Nachweis erbringen, dass etwa Piercings oder auch Tattoos schon vor mindestens 7000 Jahren in verschiedenen Kulturen üblich waren. Der älteste bisher gefundene Schmuck wurde im Jahr 2021 in Marokko entdeckt. Es handelt sich um durchbohrte Muscheln, die ein Alter von rund 150.000 Jahren aufweisen. Die Muscheln hatten nur den Zweck, als Schmuck zu dienen. Eine irgendwie geartete Werkzeugfunktion konnte ausgeschlossen werden. Übrigens wurde in dieser Ausgrabung eben auch das bisher älteste entdeckte Werkzeug gefunden. Eine Nähnadel aus Tierknochen, die etwa 120.000 Jahre alt ist.
Warum in der Geschichte Europas ab etwa der Zeit des römischen Reiches Schmuck an Frauen wie auch Männern gerne gesehen war, jedoch keine Tattoos, lag in dem Umstand begründet, dass im alten Rom nur Sklaven und verurteilte Verbrecher Zwangs-tätowiert wurden. Die sich daraus ergebende Abneigung der Gesellschaft in Europa hielt sich durch das gesamte Mittelalter bis weit in das 20. Jahrhundert. Noch in den 1990er-Jahren wurden Tattoos oft mit Verbrechern assoziiert. Immerhin ist dafür heute Italien das Land mit den meisten Tattooträger:Innen innerhalb Europas.
Auch Piercings waren in Europa lange Zeit verpönt
Es waren die Hippies der 1970er-Jahre, die bei ihren Reisen nach Indien die dort seit Jahrtausenden bestehende Piercing-Kultur entdeckten und diese mit nach Europa brachten. Für Europa selbst konnte die Archäologie Körperschmuck nur bei den Kelten vor rund 2.700 Jahren in Form von Ohrringen nachweisen. Ohrringe blieben bis zu den wilden 1970er-Jahren der einzige anerkannte Körperschmuck, jedoch fast nur an Frauen akzeptiert. Einzig Wandergesellen durften einen Ohrring aus Gold tragen, der als Notgroschen diente.
Heute gibt es bei Schmuck wie auch Körperschmuck eine grenzenlose Vielfalt und auch die Akzeptanz ist sehr hoch. Immerhin tragen alleine in Deutschland etwa 9 % der erwachsenen Frauen und 3 % der Männer ein Piercing. Ohrringe sind hier nicht mitgezählt. Bei den Tattoos sind es sogar 22,7 % aller Männer und 19,3 % der Frauen, die sich ein oder mehr Motive haben stechen lassen. Alle eint dabei die Vorstellung, sich besser zu fühlen und damit erfüllt Körperschmuck seinen Zweck.