Spiritualität als Kanal zum universellen Bewusstsein

Spiritualität als Kanal zum universellen Bewusstsein

von Betina Graf

Spiritualität als Kanal zum universellen Bewusstsein

Essay von Betina Graf am 20.8.2019

Wenn wir über Spiritualität sprechen, dann liegt hierbei meistens der Gedanke zugrunde, dass hinter dieser materiellen Welt, so wie wir sie mit unseren Sinnen wahrnehmen, noch eine andere – eine spirituelle oder geistige Welt – existiert. Spirituellen Menschen sprechen wir eine Verbindung zu dieser für unsere Augen zumeist nicht sichtbaren Welt zu.

In diesem Essay über die Spiritualität möchte ich anhand eines universellen Bewusstseinsmodells, das ich auf Basis spiritueller Readings von Edgar Cayce entwickelt habe, ein Verständnis über Sinn und Zweck spirituellen Wachstums vermitteln.


Was ist Spiritualität?

Was ist Spiritualität eigentlich? Und was macht spirituelle Menschen aus? Wie eingangs beschrieben, liegt der Spiritualität der Gedanke einer feinstofflicheren, geistigen Welt zugrunde, die jenseits der materiellen Welt existiert. Dass es grundsätzlich mehr geben kann als das, was wir mit unseren Sinnen aufnehmen können, ist uns allen bekannt. Denken Sie nur an den Strom, den wir nicht sehen können, oder an die Radiowellen – wir sehen sie nicht, aber dennoch gibt es sie.

Spiritualität kann man demzufolge sehen als Fähigkeit, mit der nicht-materiellen, geistigen Welt eine Verbindung aufzubauen; es kann bedeuten, Kontakt zum eigenen, inneren Höheren Selbst aufzunehmen, das ein Teil des göttlichen, Universellen Bewusstseins ist.

Verdeutlicht werden soll dieses Konzept anhand des folgenden Bewusstseinsmodells.


Spiritualität und ihre Bewusstseinsebenen

Wenn wir nun diesen Schritt denken (und glauben) wollen, dass der Mensch – und insbesondere die Seele des Menschen – eine Verbindung zu etwas Höherem haben kann, schauen wir allerdings nicht mehr im Außen, sondern in unserem Innern. Lassen Sie uns das folgende Modell von den verschiedenen Bewusstseinsebenen betrachten, um zu verstehen, wie es überhaupt vonstatten gehen kann, in Kontakt zu “etwas Höherem” treten zu können – wie so etwas wie zum Beispiel ein Gebet überhaupt “funktionieren” kann:

Bewusstseinsebenen nach Edgar Cayce

Nach Edgar Cayce gibt es drei Bewusstseinsebenen, die ineinander übergehen, und die man auch als Energiefelder (d. h. unterschiedliche Schwingungsebenen) sehen kann.

Bewusstseinsebenen

Diese Ebenen sind:

  • die nicht-materielle Ebene des universellen Bewusstseins: Das universelle Bewusstsein wird auch als Gott, Eins-Sein oder spirituelle Intelligenz bezeichnet. Es ist liebend, schöpferisch und kreativ, und es ist nicht an Raum und Zeit gebunden. Sein Schwingungsbereich ist höher als der des Unterbewusstseins.
  • die nicht-materielle Ebene des Unterbewusstseins: Diese vom inneren Selbst bestimmte Ebene ist zugleich der Teil, der Anteil am Höheren Selbst haben kann. Er vermittelt zwischen der Ebene des universellen Bewusstseins und der Ebene des persönlichen Bewusstseins. Sein Schwingungsbereich ist höher als der des Bewusstseins. Die Seele ist das spirituelle Zentrum unseres Wesens. Sie bereitet die Informationen aus den höheren Ebenen in eine für das bewusste Selbst verständliche Form auf.
  • die materielle Ebene des persönlichen Bewusstseins: Wir wissen heutzutage aus der modernen Physik, dass die Materie aus Schwingungen besteht. Dieser materielle Bereich zeichnet sich durch eine niedrigere Schwingungsebene aus. Sie kann Informationen aus den inneren, tieferen Bewusstseinsebenen empfangen.

Edgar Cayce dachte auch (in seinen Readings), dass wir nicht so sehr eine Seele haben, sondern dass wir eine Seele sind, die es – über verschiedene Menschenleben hinweg – zu entwickeln gilt. Interessant ist hierbei der Aspekt, dass wir nach diesem Modell von Innen nach Außen blicken, wobei in unserer materiellen Welt oftmals zunächst der Blick nach außen erfolgt, was wir im Äußeren erreichen wollen. Im schlimmsten Fall kann man auf diese Weise ein Leben aufbauen, was wenig mit einem selbst und der eigenen Bestimmung zu tun hat.

Intuition bedeutet,
auf die innere Stimme
zu hören oder sich
von einem inneren Antrieb
leiten zu lassen.

Florence Scovel Shinn

Verdeutlicht werden soll dieses Konzept anhand des folgenden Bewusstseinsmodells.


Der Kanal zu den schöpferischen Kräften und zu Gott

Sehr interessant für die Frage nach der Spiritualität ist der Kanal, über den die verschiedenen Bewusstseinsebenen miteinander verbunden sind. Dieser Kanal kann verschiedene Funktionen erfüllen, zum Beispiel:

  • Höhere Energien eine Form annehmen lassen, zum Beispiel die Form von Träumen, die uns als Wegweiser für unser Leben dienen können. Eine Funktion des Unterbewusstseins ist es hierbei, die Informationen des Höheren Selbst, das ein Teil des universellen Bewusstseins ist, in eine für das bewusste Selbst verständliche Form zu bringen.
  • Kontakt zu anderen Menschen über den Weg des Universellen Bewusstseins zum Selbst eines anderen Menschen ermöglichen (z. B. Gedankenlesen)
  • ein Kanal zu verstorbenen Menschen sein (es ist nicht ungewöhnlich, wenn insbesondere kurz nach dem Tod die bzw. der Verstorbene in Träumen zu ihm nahestehenden Menschen kommt)
  • ein Kanal zu anderen geistigen Wesenheiten wie z. B. Engel sein (Engel sind laut Edgar Cayce an der Grenze vom Höheren Selbst hin zum Göttlichen “angesiedelt”)
  • außersinnliche Wahrnehmungen ermöglichen (siehe detailliertere Erläuterungen dazu weiter unten)
  • Gebet zu Gott ermöglichen
  • Antworten auf ein Gebet ermöglichen in Form einer aktiven, liebenden, “transformatorischen Kraft”

Dieses Universelle Bewusstseinsmodell zeigt, dass das Göttliche alles durchwirkt, und dass es an uns liegt, wie weit wir – mittels unseres eigenen Willens! – die Türen nach innen zu Gott bzw. zum Universellen Bewusstsein und damit zu einer liebenden und unterstützenden Kraft öffnen wollen.

Gelebte Spiritualität: beispielhafte Anwendung des Bewusstseinsmodells

Hier ein konkretes Beispiel praktizierter Spiritualität von mir selbst aus meiner Kindheit, wie ein Prozess der Öffnung zu höheren Bewusstseinsebenen aussehen kann:

Im Alter von 12 Jahren bestiegen meine Familie und ich den zahmen Kaiser (ein Berg in Österreich bei Kufstein in Tirol). Wir wanderten oben einen Bergweg entlang, als uns eine Gruppe älterer Damen begegnete. Eine Dame schilderte uns, dass sie gerade eine ihrer Kontaktlinsen verloren hat.

Nun war dort unwegsames Gelände mit Sträuchern und Gras. Es kam mir unmöglich vor, eine kleine, durchsichtige Kontaktlinse zu finden, zumal die ältere Frau nicht genau wusste, wo sie die Kontaktlinse verloren hatte. Deshalb betete ich in meinem Kindglauben zum “lieben Gott” und bat ihn in Liebe, mir die Kontaktlinse zu zeigen.

Daraufhin fiel ein Sonnenstrahl direkt auf die verlorengegangene Kontaktlinse, so dass der Sonnenstrahl die Kontaktlinse mit einem Aufblitzen zum Strahlen brachte und diese so gefunden werden konnte.

Natürlich wusste ich in diesem Alter weder von den Lehren von Edgar Cayce noch von den Bewusstseinsebenen und deren Bedeutung. Ich erfreute mich einfach daran, dass mein Gebet auf diese wunderbar-kreative Weise erhört wurde, und dass ich der überraschten und überglücklichen älteren Dame ihre verloren gegangene Kontaktlinse übergeben konnte.

Dieses kleine Beispiel zeigt, was dazu gehört, wenn wir in Kommunikation mit unserem Höheren Selbst und mit Gott treten wollen. Es veranschaulicht, wie wir als ein liebender Kanal anderen Menschen Gottes Segnungen zukommen lassen können.


Fragen an das Höhere Selbst

Ausgangspunkt ist das bewusste Selbst und die Fragestellung, mit der wir an unser Höheres Selbst oder an Gott als universelles Bewusstsein herantreten.

Welche Motivation liegt meiner Frage zugrunde? Will ich Gutes für mich oder für andere?

Edgar Cayce betonte, wie wichtig es ist, nicht aus selbstsüchtigen Motiven heraus Kontakt zu höheren Bewusstseinsebenen aufzunehmen. Er warnte davor, da es letztlich in einer Katastrophe enden kann. Zumeist bleibt einfach eine Frage oder ein Gebet schlichtweg unbeantwortet, oder wir sind nicht in der Lage, die Antwort zu “sehen”. Die Motivation zur Kontaktaufnahme soll am besten sein, entweder ein besseres, liebendes Verständnis für sich selbst entwickeln zu wollen oder um für andere Menschen hilfreich zu sein.

Vertraue ich darauf, eine Antwort zu erhalten?

Das Vertrauen in die eigene Intuition und darauf, eine Antwort von Gott bzw. höheren, schöpferisch-liebenden Kräften zu erhalten, öffnet die Türen nach innen. Über das Vertrauen mache ich die Schleusen auf, die mich von meinem Höheren Selbst trennen.

Bittet, so wird euch gegeben;
suchet, so werdet ihr finden;
klopfet an, so wird euch aufgetan.

Bibel, Matthäus 7,7

Methoden zur Praxis der Spiritualität

Welche Wege stehen uns nun zur Verfügung, um diesen “Kanal zum Göttlichen” zu öffnen? Worauf es ankommt ist, die (unterste) Ebene des Bewusstseins beiseite zu legen. Mit welchen Methoden geht das am besten?

  • Was schon genannt wurde: das Vertrauen in die eigene Intuition.
  • Meditation kann uns Wege zu höheren, inneren Bewusstseinsebenen öffnen.
  • In der Hypnose wird das Bewusstsein beiseite gelegt.
  • Zum Beispiel die Ahnung im Bereich der Intuition: Auch hier geht es um Wissen, das in der Welt des Bewusstseins nicht verfügbar ist.
  • Die innere Stimme kann uns auf etwas aufmerksam machen oder uns auf etwas hinweisen.
  • Träume können Wegweiser auf unserem Lebensweg sein.

Die Antwort auf unser Anliegen dürfen wir vertrauensvoll Gott bzw. dem Universellen Bewusstsein überlassen.

Ein persönliches Beispiel für Intuition

Der hintere Reifen von meinem Fahrrad machte mir Probleme: einerseits bekam ich ihn nicht richtig aufgepumpt, auf der anderen Seite verlor er sehr schnell Luft. Das führte dazu, dass ich die Lust am Radfahren mehr und mehr verlor.

Eines Tages dann, als ich wieder mühevoll versuchte, den Hinterreifen aufzupumpen, änderte ich meine Stellung und begann, ihn im Stehen von oben her aufzupumpen. Dabei fiel mein Blick auf einen kleinen Hebel bei der Luftpumpe.

Intuitiv drückte ich den Hebel und siehe da: Das Aufpumpen funktionierte super schnell. Endlich kam richtig Luft in den Reifen, und ruck zuck war er aufgepumpt.

Dies ist meiner Meinung nach ein gutes Beispiel für Intuition: Ich wusste nichts von dem Hebel und seiner Funktion. Als ich ihn dann beim Aufpumpen bemerkte, wusste ich auch nicht, dass er die Lösung für mein Problem darstellen würde; ich betätigte ihn unbewusst und ohne Nachdenken.


Einschub: außersinnliche Wahrnehmung und Kommunikation

Wenn man von Spiritualität spricht, ist oft das erste, was einem einfällt, der Zusammenhang mit außersinnlicher Wahrnehmung. Deshalb möchte ich dieses Thema in den vorliegenden Kontext einordnen:

Viele Menschen, wenn man sie fragt, haben schon einmal außergewöhnliche Erfahrungen gemacht. Seltener ist es jedoch, wenn Menschen dauerhaft zum Beispiel Engel aus der spirituellen Welt sehen können, sie die Aura von Menschen zu sehen vermögen oder sie mit der Welt der Toten kommunizieren können.

Mittels des Universellen Bewusstseinsmodells können wir nun verstehen, weshalb Menschen, die ihre Spiritualität entwickeln bzw. entwickelt haben, die Fähigkeit zur außersinnlichen Wahrnehmung erwerben können. Manche Menschen sind bereits von Kind an mit besonderen spirituellen Gaben ausgestattet. Man spricht bei diesen außersinnlichen Wahrnehmungen manchmal auch vom “siebten Sinn” (wobei man beim Menschen von den sechs “Hauptsinnen” sehen, hören, riechen, fühlen, schmecken und dem Gleichgewichtssinn ausgeht). Der “siebte Sinn” meint dann den Sinn dieser außersinnlichen, in der Regel nicht-materiellen Wahrnehmung.

Zur außersinnlichen Wahrnehmung gehören zum Beispiel:

  • Die Entwicklung telepathischer Fähigkeiten: Mit der Fähigkeit zur Telepathie kann man ohne Zuhilfenahme der menschlichen Sinne (deshalb das Wort “außersinnlich”) die Gedanken eines anderen Menschen lesen.
  • Die Fähigkeit zum Hellsehen oder Hellfühlen: Hellsehen beinhaltet die Gabe, etwas zu sehen, was der betreffende Mensch normalerweise nicht wissen kann, zum Beispiel etwas zu sehen, was gerade an einem anderen Ort passiert. Manche Menschen “sehen” das nicht, sondern sie erhalten die Informationen über ihr Gefühl, deshalb spricht man in diesem Fall von Hellfühlen.
  • Die Fähigkeit, in die Zukunft oder in die Vergangenheit zu sehen: In die Zukunft zu schauen gehört zu einem Teil des Wahrsagens; Wahrsagen hat meistens zum Ziel, dem anderen Menschen in einer konkreten Situation und zu einer bestimmten Fragestellung bei der Lebensgestaltung zu helfen. Reisen in die Vergangenheit können sich auf Reisen in vorangegangene Leben beziehen – sinnvollerweise in die, die einen Einfluss auf unser gegenwärtiges Leben haben.
  • Besondere intuitive Fähigkeiten: Eine besondere Intuition zeichnet sich dadurch aus, dass ein Mensch, der über diese Gabe verfügt, intuitiv mehr weiß, ohne dass es ihr bzw. ihm mitgeteilt wird. Manchmal spricht man hier auch von „Hellwissen“.

Eine oder mehrere dieser außersinnlichen Fähigkeiten können uns den Weg erleichtern, Zugang zur spirituellen Welt zu finden. Diese Fähigkeiten zeigen uns, dass es möglich ist, den “Kanal nach innen” zu öffnen und auf diese Weise Zugang zum Universellen Bewusstsein zu erhalten. Doch nicht nur das: das Universelle Bewusstsein ist als kreativ-schöpferische Kraft zu sehen, die aus einer über Raum und Zeit erhabenen Wissensquelle (der Akasha-Chronik) schöpfen kann, sowie die über einen Zugang zu allen anderen Menschen verfügt. Diese Verbindung kann man sehen als ein gemeinsames Bewusstsein, und die Veränderung bzw. die Informationsübertragung wäre der kreative Prozess der Kommunikation.

Die Entwicklung solcher Fähigkeiten ist jedoch nicht zwingend notwendig für unser spirituelles Wachstum. Falls wir über solche Fähigkeiten verfügen, können wir sie uns für gute Zwecke dienlich machen. Ziel ist jedoch nicht, diese Fähigkeiten per se zu entwickeln, sondern sie können einen Nebeneffekt auf unserem spirituellen Weg darstellen.


Spirituelle Methoden anwenden

Woher kommt die Annahme, dass zum Beispiel mit Kartenlegen die Zukunft vorausgesagt werden kann?

Kartenlegen (hier über unser Online-Tarot), Runen, Pendel … sind nur Hilfsmittel, derer sich spirituell begabte Menschen bedienen können. Man geht davon aus, dass Inspiration auf Seiten zum Beispiel einer Kartenlegerin den Kanal zu den „kreativen Kräfte“ öffnen kann. Gute Kartenleger*innen zeichnet aus, dass sie eine auf die Situation des Fragenden zutreffende Antwort besonders gut geben können, indem sie sich und ihr Ego zurückstellen und damit den “Kanal nach oben” in Liebe öffnen können.

Der Geist kann nicht nur Formen, sondern auch Muster erzeugen. Wenn wir uns nun vertrauensvoll an Gott bzw. das Universelle Bewusstsein wenden, und beispielsweise Tarot-Karten legen, dann kann das ein möglicher Weg sein, über den wir Antworten aus der geistigen Welt erhalten.

Jede*r kann das auch für sich selbst einmal ausprobieren, und sich mit einer Frage an das Höhere Selbst bzw. an Gott wenden. Man braucht hierzu nicht unbedingt fremde Hilfe, wenn man – vielleicht nach einer kleinen Meditation – zum Beispiel beim Kartenlegen auf die eigene Intuition vertraut.

Weisheitskarte

Weisheitskarte aus dem Set The Map – Weisheiskarten der Seele von Collette Baron-Reid

Während des Schreibens dieser Seite über Spiritualität habe ich eine Karte aus dem Kartenset “The Map”1 gezogen: die Weisheitskarte der Stärke, die besagt, dass “unsere wahre Stärke nicht allein aus uns selbst, sondern aus dem festen Vertrauen in eine höhere Macht stammt”. Ist das nicht unglaublich passend für das Thema Spiritualität? Das Buch The Map – Entdecke die Landkarte deiner Seele fügt sich übrigens wunderbar in die Thematik dieser Seite ein, mit Schwerpunkt auf dem mittleren Bewusstseinsbereich der Seele und ihrer zugehörigen Seelenlandschaft.


Spiritualität, der Glaube an Gott und die verschiedenen Religionen

Spiritualität und der Glaube an Gott liegen nahe beieinander. Der Glaube an eine jenseitige Welt ist in unserem Kulturkreis oft verbunden mit einem Glauben an Gott.

Vielleicht ist Gott bzw. das Göttliche darauf angelegt, sich in Vielfalt auszudrücken. Das, was wir als konträre Glaubensauffassungen sehen, könnten verschiedene Möglichkeitsräume darstellen, die Liebe in diese Welt zu bringen. Edgar Cayce hat das in wunderbaren Worten ausgedrückt:

Was ist der Unterschied?
Wahrheit stammt aus der EINEN Quelle.

Gibt es unter den Bäumen
denn nicht Eichen, Eschen, Pinien?
Es gibt ein Bedürfnis dieser,
Erfahrungen der einen oder
anderen Art zu machen.

Dann werden alle
ihren Platz finden.

Suche bei niemandem nach Schuld,
sondern zeige lieber der Welt,
was für eine gute Pinie
oder Esche oder Eiche
oder Rebe du bist!

Edgar Cayce, Reading Nr. 254-87, Übersetzung der Viabilia-Redaktion

Denken Sie an das bekannte Gleichnis von den sechs Blinden und dem Elefanten: Von einer höheren Warte aus würde man sehen, dass alle recht haben und einen Teil der Wahrheit wahrnehmen, von einer niedrigen Warte aus scheint es verschiedene, sich widersprechende Wahrheiten zu geben.

Vielleicht verhält sich das mit den verschiedenen Religionen bzw. Anschauungen (die Atheisten mit eingeschlossen) ja auch so?


Bewusstes Selbst und Ego

Je weniger ein Mensch den Kanal zum universellen Bewusstsein, zum Göttlichen und damit zur Liebe hin öffnet, desto mehr fühlt sich er sich abgetrennt von den anderen und desto mehr kann das Ego agieren. Je mehr sich der Mensch „nach innen hin“ der Liebe öffnet, desto mehr kann er die Einheit von allem erkennen, und desto mehr tritt sein Ego zurück.

Das bedeutet, wenn sich ein Mensch als ein von anderen separates Individuum betrachtet, sieht er seinen vorwiegend materiellen Standpunkt mit seiner eigenen, begrenzten Sicht. Es gibt dann ein „Ich“ und ein “Du“, und vielleicht dann als Erweiterung Menschen, die ähnlich denken oder aussehen (oder Ähnliches), und die deshalb mit „dazu gehören“; d.h. es kann dann ein „Wir“ der Gleichgesinnten geben.

Daraus resultiert eine auf das Individuum oder im erweiterten Sinne auf die Gruppe bezogene selbstsüchtige Denkweise, die sich in entsprechendem Handeln niederschlägt.

Egoismus ist die Wurzel
aller Probleme und “Übel”,
die auf der Erde existieren.

Jon Peniel, The Children of the Law of One & the Lost Teachings of Atlantis, Übersetzung der Viabilia-Redaktion

Ist sich ein Mensch hingegen des Einsseins von allem bewusst – die Buddhisten würden vielleicht „erleuchtet“ dazu sagen -, ist der Kanal zum Universellen Bewusstsein geöffnet. Das Bewusstsein, eins zu sein mit allen anderen, ist ein anderer, einender Bewusstseinszustand der Liebe, der alles und jede:n mit einschließt.

Wenn wir in unserem Bewusstsein wachsen,
wird es mehr Mitgefühl und mehr Liebe geben,
und dann werden die Mauern zwischen Menschen,
zwischen Religionen, zwischen Nationen
zu fallen beginnen.

Ja, wir müssen das Getrenntsein niederreißen.
Ram Dass, Übersetzung der Viabilia-Redaktion

Ram Dass, Übersetzung der Viabilia-Redaktion

Einssein in der Spiritualität

Die Spiritualität, veranschaulicht am Universellen Bewusstseinsmodell, lehrt uns: Wir sind alle eins, alle miteinander verbunden. Wenn wir uns vorstellen, dass jede/r von uns diese Öffnung hin zur Einheit, zum Göttlichen, in sich trägt, sind wir alle wie in dem klassischen Beispiel von den Tropfen im Ozean eins miteinander.

Das bedeutet auch: Alles, was wir Trennendes zwischen uns Menschen legen, trennt uns vom Göttlichen ab.

Wenn ich den Ort in mir betrete,
der Liebe ist, und du in dir den Ort betrittst,
der Liebe ist, sind wir in Liebe zusammen.
Dann sind du und ich wahrhaftig Liebende,
wir sind dann die Liebe selbst.
Das ist der Zugang zur Einheit.

Ram Dass, Übersetzung der Viabilia-Redaktion

Holistische Perspektive der Spiritualität

Edgar Cayce nimmt in seinen Readings bezüglich der Spiritualität eine holistische Perspektive ein: Das Kleine ist ein Abbild des Großen. So wie wir in einem Tropfen Wasser Eigenschaften des Ozeans erkennen können.

Aus der Bibel kennen wir einen ähnlichen Vergleich:

Der menschliche Körper hat viele Glieder und Organe, doch nur gemeinsam machen die vielen Teile den einen Körper aus. So ist es auch bei Christus und seinem Leib.

Bibel, 1. Korinther 12,12

Spirituelles Wachstum als Aufgabe der Seele

Aus spiritueller Sicht erklärt sich nun, weshalb im Bereich der Spiritualität von „Wachstum der Seele“ gesprochen wird: Wachstum bedeutet in diesem Sinne, dass die Seele eines Menschen über viele Inkarnationen hinweg lernt, diesen inneren Weg (zurück) zu Gott zu finden, bis die Seele am Ende ihrer Reise zu ihrem Schöpfer zurückgekehrt ist.

Die Entwicklung der Spiritualität ist kein Selbstzweck

Wie kann man nun seine eigene Spiritualität (weiter-)entwickeln? Grundsätzlich hat nach Edgar Cayce jeder Mensch die Fähigkeit zur Spiritualität bzw. ist spirituell. In seinen Readings wird immer wieder betont, wie wichtig die Entwicklung unserer Spiritualität für uns ist (bis dahin, dass er den Zweck einer Ehe darin sah, gegenseitig die eigene Spiritualität weiterentwickeln zu lernen).

Die Entwicklung unserer Spiritualität allerdings nur aus dem Grund, um unsere Neugier zu befriedigen, oder aus anderen selbstsüchtigen Motiven, wird die Entwicklung unserer Seele nicht voranbringen. Spiritualität ist kein Selbstzweck, sondern sie soll etwas Gutem dienen.

Weshalb sollten wir also unsere Spiritualität weiterentwickeln?

Wir können uns alle als Splitter von Gott sehen, die eine Idee von Gott darstellen. Welche Idee ist das, womit wir unser göttliches Wesen am besten in dieser Welt ausdrücken können? Welchem Ideal können wir folgen, um uns der unserer Seele innewohnenden Idee unseres Wesens anzunähern?

Spiritualität kann uns den Sinn unseres (jetzigen) Lebens näher bringen.

Der Sinn unseres Lebens kann sich im Laufe der Beschäftigung mit unserer spirituellen Entwicklung immer mehr herauskristallisieren. Damit bekommen wir ein tieferes Bewusstsein darüber, wozu wir auf dieser Welt sind und welche Aufgaben wir hier in diesem Leben haben.

Spirituelle Entwicklung kann uns unserer Aufgabe näher bringen.

Die Führung durch das Höhere Selbst ist eine spirituelle Führung zu unserem und aller anderen Wohle, da es Anteil hat am Universellen Bewusstsein bzw. an der göttlichen Liebe. Wenn wir uns der göttlichen Führung überlassen, erfüllen wir mehr und mehr unsere Lebensaufgabe.

Eine tiefe, innere Beziehung zu Gott kann ein (auch für das eigene Selbst befriedigender) Kanal sein, anderen Menschen zu dienen.

In jedem Menschen wohnt der “göttliche Funke” inne, die Idee, zu der sich die Seele, die geistige Wesenheit, hin entwickeln soll.

Liebenlernen als Aufgabe der Seele

Wenn wir Liebenlernen als Aufgabe der Seele sehen, bedeutet, sich spirituell weiterzuentwickeln, liebevolle, gute Eigenschaften einzuüben. Eigenschaften wie beispielsweise:

  • Liebe
  • Empathie und Mitgefühl
  • gute, liebevolle Gedanken für sich und andere
  • Hilfsbereitschaft
  • Wohlwollen
  • Friedfertigkeit
  • Freundlichkeit
  • Zuhören
  • Geduld
  • Vergebung, sich selbst und anderen
  • Nicht-Verurteilen von sich selbst und anderen
  • Selbstlosigkeit im Dienst an anderen

Ein Ideal, das wir uns setzen, kann hierbei die Richtung vorgeben.

Die Entwicklung dieser Eigenschaften bedeutet spirituelles Wachstum. Sie bringt uns auf den Weg zurück zu Gott, da wir Gottes Willen erfüllen bzw. uns Gottes Willen annähern. Durch die Anwendung dieser guten Eigenschaften passiert aber noch etwas anderes: Durch selbstloses Verhalten, indem wir unser “Ich” aus Liebe zurückstellen, werden wir zu einem Kanal, über den wir Gottes Liebe auf der Erde sichtbar machen und so zu anderen Menschen bringen können.

Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.

Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus.

So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Matthäus 5, 14-16

Literaturempfehlungen

Edgar Cayce und Henry Reed. Edgar Cayces Offenbarung des neuen Zeitalters, Erwachen der 6. Kraft. Übersetzt von Karin Adrian, Wilhelm Heine Verlag, 1993.
In diesem Buch wird besonders auf die verschiedenen Bewusstseinsebenen eingegangen, ebenso wie auf die Themen Seele, Intuition, Geist in Zusammenhang mit Hellsehen.

Edgar Cayce. Suche nach Gott, Band 1 und Suche nach Gott, Band 2. Übersetzt von Stefanie Piel, SYNERGIA-Verlag, 2013.
Diese beiden Bücher basieren auf den Readings von Edgar Cayce, besonders auf den Befragungen der Search for God-Gruppe, die sich damals mit dem Thema „Gott suchen“ auseinandergesetzt hat.


Christliche Spiritualität:

Buddhistische Spiritualität:

Esoterische Spiritualität: